Aus dem Gemeindearchiv

Das Archiv der Kirchengemeinde enthält auch eine Mappe mit Dokumenten, die den jeweiligen Kirchenchor betreffen. Auf dieser Seite findet sich ein kurzer Abriss von Daten und Ereignissen. Die wichtigsten zugrundeliegenden Dokumente stehen auf Klick zum Herunterladen bereit. Es handelt sich um Scans: zum Teil von Durchschlägen, zum Teil handschriftlich. Die Qualität bitten wir zu entschuldigen.

 

Alle, die eventuell noch Dokumente aufbewahrt haben oder ihre Erinnerungen mitteilen möchten, sind herzlich eingeladen: Zögern Sie nicht, kontaktieren Sie den Kirchenchor oder den Gemeindevorstand.

1936 - 1945

Einen Kirchenchor in der evangelischen Kirchengemeinde Cappel zu gründen – dazu gab es mehrere Anläufe. 

Das früheste uns vorliegende Zeugnis datiert vom 31. Januar 1936. Der in Kassel amtierende Landespfarrer gratuliert dem Cappeler Pfarrer Hermann Gustav Adolf Stauber zur Gründung eines Frauenchores – und erinnert im gleichen Schreiben schon an die Zahlung des Mitgliedsbeitrags von 25 Pfennig pro Person und Jahr. Die wahrscheinlich erste Adventsandacht eines evangelischen Kirchenchors in Cappel fand am 29. November 1936 statt.

 

Mit dem Überfall auf Polen und im weiteren Kriegsverlauf scheint die Arbeit des Chores mehr und mehr verebbt zu sein, zumindest finden sich keine weiteren Dokumente. Pfarrer Stauber wurde – so notiert Karl Gruber in seiner historischen Übersicht der Cappeler Pfarrer – von den Nazis drangsaliert und zeitweise sogar inhaftiert. Dies könnte die Arbeit des Chores eingeschränkt haben. Zudem waren die meisten der Männer des Dorfes im Nazikrieg ab 1939 im Kriegsdienst oder an der Front. Viele Frauen besuchten als Witwen oder trauernde Angehörige keine Abendveranstaltungen, wozu auch die Chor-Übungsstunden gehörten.

 

1945 - 1949

Nach der Befreiung keimten mitten in Ruinen die ersten zaghaften Versuche, das gemeinsame Singen wieder zu beleben. In der evangelischen Kirche Kurhessen-Waldeck war es Pfarrer Blankenburg, der von Kassel aus das Chorleben zu ermuntern und die Gemeinden zu unterstützen versuchte. In einem bewegenden Schreiben vom 17. Oktober 1945 beschreibt er seine Zeit im Gefangenenlager im Ural und die Kraft, die ihm der Glauben aber auch der Gesang in der Lagerhaft verlieh. Mit Freude stellte er fest, dass in den Kirchenkreisen Hofgeismar, Eder und Eschwege bereits wieder sechs Chöre neu gegründet worden waren.

 

Anfang Mai 1946 wurde auch in Cappel wieder ein (gemischter) Kirchenchor ins Leben gerufen. Es gab wieder einen „Kreiskirchenchorverband“ und dessen Leiter, Pfarrer Enners, gratuliert herzlich. Pfarrer Hahn stellt in seiner Antwort vom 3. Juni 1946 trocken fest: „Man hat es also auch schon in Marburg erfahren, dass Cappel einen Kirchenchor hat. Ja, wir sind recht fleißig bei der Arbeit!“ Immerhin waren es da bereits rund 45 Sängerinnen und Sänger. Zu den ersten größeren Vorhaben zählten eineLiturgische Abendandacht am 13. Oktober 1946 sowie eine weitere zum Advent mit Stücken von J. S. Bach, G. Fr. Händel und anderen, die am 5. Dezember 1946 stattfand.

 

Die (leider nur unvollständig erhaltene) Satzung des frisch gegründeten Chores datiert vom 1. Mai 1947 und dokumentiert die enge Anbindung an Gottesdienst und Kirchengemeinde.

 

Neben dem Singen im Gottesdienst und zu besonderen Anlässen mit umfangreicherem Programm wurde aber auch die Geselligkeit im Kreis der Sängerinnen und Sänger gehörig gepflegt. Überliefert ist ein launiges Gedicht, das im November 1949 aus Anlass der Adventsfeier und zum dritten „Chorgeburtstag“ vorgetragen wurde. Es zeichnet ein buntes Bild des Probenalltags und spießt die kleinen Eigenheiten von Chorleiter, Vorstand, Frauen, Männern und Kindern satirisch auf. Heinrich Hahns „Politisieren“ bleibt nicht unerwähnt, der nach manchem Zeugnis die stramm konservativen Moralvorstellungen der Adenauer-Zeit noch in den Schatten stellte.

 

Die handschriftlichen Notizen zum „Jahresbericht (…) 1949/50“ des Chores vom 5. Februar 1950 listen „Freud und Leid“ des abgelaufenen Jahres auf: Ein Ehrenmitglied war verstorben, aber auch Trauungen und eine Goldene Hochzeit wurden begangen, neunmal, vor allem zu den hohen Feiertagen, sang der Chor im Gottesdienst. Fünfmal gab es besondere Auftritte, unter anderem zum Kreiskirchenchorverbandsfest. Für sein Schlusswort für die Generalversammlung notiert der Autor (vermutlich Pfarrer Hahn):

 

Ein schönes Stück Arbeit u. eine herrl. Aufgabe. Dank für Treue. – Musikalische Linie gehalten. Soweit lediglich die äußere Arbeit. Hohes Ziel: Gott zu loben – dafür alle Kraft einsetzen, ohne persönliche Interessen.

 

Ein weiteres Ereignis, knapp drei Jahre später, fand ohne den langjährigen Chorleiter statt. An der Einweihung des Anbaus der Kindertagesstätte (am 5. Oktober 1958) konnte Heinrich Hahn nicht teilnehmen. Er hatte das Bauvorhaben maßgeblich mit vorangetrieben, war aber bereits einige Jahre zuvor schwer an Krebs erkrankt, so dass es  ihm nur zeitweise möglich war, seinen Dienst zu versehen. Ein handschriftlicher Albumeintrag spricht von „trüber Stimmung“ und unterstreicht das wenig fröhliche Minenspiel der Sängerinnen und Sänger auf den wenigen überlieferten Fotografien. Noch im gleichen Jahr starb Heinrich Hahn.

 

Sein Nachfolger, Heinrich Trieschmann, war an der Chorleitung nicht beteiligt. Er überließ das Dirigentenpult Heinrich Muth, der den Chor rund 15 Jahre lang führen sollte. Heinrich Muth war von 1949 bis 1970 Lehrer an der Cappeler Volksschule (Mittelpunktschule ab 1967). Er wurde als aufgeschlossener, freundlicher und umgänglicher Mensch geschätzt. Neben seiner Lehrtätigkeit war er Organist in der evangelischen Kirche in Cappel, und langjähriger Chorleiter auch des MGV 1863 Cappel.

 

Seine Zeit als Chorleiter scheint nach derzeitigem Kenntnisstand recht wenig dokumentiert. Angesichts seiner vielen beruflichen und ehrenamtlichen Tätigkeiten hatte er wohl auf das Aufbewahren von Zeugnissen des Chorlebens wenig Wert gelegt. Im Gemeindearchiv berichtet lediglich ein Zeitungsausschnitt aus dem Jahr 1962 von der Jahreshauptversammlung des Chors und ein weiterer von Heinrich Muths Verabschiedung im November 1972.

 

Mit seinem Ausscheiden scheint sich der Chor mehr und mehr aufgelöst zu haben. Vier Jahre später erweiterte sich der MGV Cappel zur „Chorgemeinschaft im MGV 1863 Cappel e. V.“, die auch Sängerinnen eine Heimat bot. Einige der Sängerinnen des früheren Kirchenchors scheinen daraufhin in die Chorgemeinschaft gewechselt zu sein.

 

Nach fast dreißig Jahren endete so in der ersten Hälfte der siebziger Jahre des 20. Jahrhunderts die Zeit des zweiten evangelischen Kirchenchores in Cappel.